Donnerstag, 30. September 2010
Kulturschock 2, Yangtze-Kreuzfahrt
Aber nicht nur in der Kabine ist es zugegangen wie im Schweinestall. Ueberall im Schiff haben die Leute ihren Muell stehen lassen und Nussschalen auf den Boden geworfen, sodass es auf dem Boot nach der Kreuzfahrt aussah, wie auf einem Schlachtfeld.
Geraucht wurde sowieso ueberall und Rotzgeraeusche kamen von allen Seiten.
Ich habe mich dann aber zwangslaeufig damit arrangiert, indem ich 4 Tage nicht geduscht habe (wegen dem Bad) und mich nur von mitgebrachten Muffins und Milchbroetchen ernaehrt habe. Das Essen war naemlich auch nicht so das Gelbe vom Ei. Zuerst habe ich an Bord vom Tofu probiert, wobei ich dann aber nur von der Beilage, dem trockenen Reis, viel gegessen habe, und von einem der Laeden am Dock Nudeln, welche nach Dreck geschmeckt haben, sodass ich davon auch nicht allzu viele gegessen habe.

Und so wurde es am Ende trotz aller beschriebenen Unanehmlichkeiten zu einem tollen Trip.
Tidy, wahrscheinlich der einzige an Bord, welcher halbwegs Englisch sprechen konnte, hat sich meiner angenommen und mir bei den Touren ausserhalb des Boots erklaert, was ich gerade zu Gesicht bekommen habe.
Das war am 2. Tag eine Art Geistertempel, welcher aber erst vor 15 Jahren gebaut wurde. Deswegen und auch wegen seiner Aufmachung, die teilweise der Geisterbahn im Europapark aehnelt, habe ich diese Anlage aber eher als Touristenattraktion denn als kulturelle oder religioese Staette angesehen, auch wenn hier sowohl ein taoistischer als auch ein buddhistischer Minitempel untergebracht waren.
Die Chinesen glauben laut den Beschreibungen der Tafeln und Tidy‘s, an eine Art Fegefeuer, in welchem gute von schlechten Geistern getrennt werden usw. Waehrend gute Seelen den langen duesteren Pfad beschreiten koennen, bleiben schlechte Seelen daran haengen. Das fand ich sehr seltsam, weil ich davon noch nie etwas gehoert habe und es sich sehr nach Christentum anhoert.
Sowie ich den Stellenwert der Religion in China einschaetze, handelt es sich dabei wie beim Buddhismus und Taoismus einfach um eine Tradition oder eine Art Gag, an die eigentlich kein Mensch glaubt.
Am Abend ging es dann noch zu einem Tempel, welcher einem der Koenige der grossen drei Koenigreiche vor der Vereinigung Chinas gewidmet war.
Am 3. Tag besuchten wir die 3 kleinen Schluchten. Hier war die Landschaft noch ziemlich unberuehrt und sogar der Fluss war nicht wie beim Hauptstrom des Yangtze total verschmutzt und braun, sondern hatte zumindest eine gruene Farbe.
Hier leben noch einige Menschen in Dorfgemeinschaften abgeschieden von den grossen Staedten.
Ein paar der Einwohner haben uns in kleinen Motorbooten durch die Schluchten manoevriert und waehrenddessen sogar volkstuemliche Lieder gesungen. Das war eine ganz originelle Sache, hier habe ich mich wirklich wie ins Alte China hineinversetzt gefuehlt, in ein China, wie man es aus den kitschigen Bildern in den Chinarestaurants kennt, in welchen Berge mit Pagoden und Wasserfaellen dargestellt sind.
Am letzten Tag haben wir noch in Drachenbooten eine Tour in eine andere Schlucht unternommen.
Auf einem Teil der Strecke durften wir sogar selbst rudern, im Wettstreit mit einem anderem Boot um als erster am Ziel anzukommen.
Zum Abschluss haben wir uns noch das Staudammprojekt angesehen, ein wirklich riesiger Komplex, welcher strengstens bewacht wird und das auch zu recht, da er eine gigantische Wassermenge aufstaut, welche halb China ueberfluten koennte.

Noch mehr als wegen der Erklaerungen war ich Tidy wegen den Unterhaltungen dankbar, da ich an diesen Tagen es wirklich wertzuschaetzen gelernt habe, dazu in der Lage zu sein, sich mit anderen auf Englisch zu unterhalten.

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